Klingt das nicht gut? Tatsächlich wurde bereits in den alten Schriften eine Art Verjüngungseffekt durch Nahrungsentzug beschrieben. Heute ist der Effekt sogar messbar. Und wer möchte nicht dem Leben ein paar weitere Jährchen abtrotzen.
Fasten hat lange Tradition. Bereits im alten Ägypten wurde von der heilenden Wirkung des bewussten Verzichts auf feste Nahrung berichtet. Die frühen Mönche des vierten Jahrhunderts waren Meister im Fasten. Viele aßen die ganze Woche nicht, nur an Samstagen und Sonntagen. Andere beschränkten sich täglich auf eine einzige Mahlzeit am Abend. Sie wollten sich damit innerlich reinigen und „durchlässig werden für den Glanz göttlicher Schönheit und Klarheit“, wie es Pater Dr. Anselm Grün ausdrückt.
Körpereigenes Recycling
Dass die Mönche schon damals länger lebten im Vergleich zur übrigen Bevölkerung, sahen sie sicher als göttliche Fügung. Von Verjüngung der Zellen, die man heute mit der Autophagie begründet, wusste man zu der Zeit noch nichts. Autophagie kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet „sich selbst verzehren“. Damit gemeint ist die natürliche Erneuerung, Reinigung und Reparatur der Zellen, wie sie nach heutigem Wissensstand in fast jedem mehrzelligen Organismus stattfindet.
Entdeckt hat sie 1963 der belgische Biochemiker und Zellforscher Christian René de Duve. Intensivere Forschungsarbeiten zur Autophagie oder auch Autophagozytose betrieb der japanische Zellbiologe Yoshinori Ōsumi und bekam 2016 dafür den Nobelpreis für Medizin. Ōsumi hat letztendlich bewiesen, dass beim Autophagie-Prozess beschädigte Zellstrukturen in winzige kleine Bausteine zerlegt werden, die dann reorganisiert werden. Daraus können dann neue Zellen gebaut werden. So werden auch beispielsweise defekte Proteine sozusagen als Zellschrott vom Organismus abgebaut. Salopp ausgedrückt könnte man also Autophagie als die Müllabfuhr der Zellen bezeichnen.
Doch auch vor diesem Procedere macht der Alterungsprozess nicht halt. Mit den Jahren funktioniert die „körpereigene Müllabfuhr“ nicht mehr so reibungslos. Es werden immer mehr Zellen abgebaut und weniger neue gebildet. Schließlich ist der Körper mit zu vielen Abfallstoffen belastet und das Risiko für Erkrankungen wie Diabetes, Krebs oder Parkinson steigt. Deshalb macht es Sinn, die Autophagie und damit die Verjüngung der gesamten Zellstrukturen anzukurbeln. Bekannte effektive Trigger sind bestimmte Fasten-Techniken, Sport – vor allem HIIT (Hoch-Intensitäts-Intervall-Training) und eine gesunde pflanzenbasierte Ernährung.
Essen hemmt, fasten aktiviert Autophagie
Schauen wir uns den Punkt Fasten etwas genauer an. Was passiert dabei in unserem Körper? Nahrungsentzug ist für den Organismus eine Art Schock, der seine gesamte Physiologie auf den Kopf stellt und eine ganze Kaskade von biochemischen Reaktionen in Gang setzt. In den ersten 24 Stunden holt er seine Energie aus den Zuckerreserven, die als Glycogen in der Leber gespeichert sind. Der niedrige Blutzuckerspiegel ist übrigens die Ursache, dass viele Fastende anfangs über Kopfschmerzen und Heißhunger klagen. Im nächsten Step geht es an die Energiereserven in unseren Fettzellen. Und auch Muskeln und Organen geht es an die Substanz – es wird ihnen Eiweiß entzogen. Der Muskelabbau lässt den Energiebedarf ebenso sinken wie das „arbeitslose“ Verdauungssystem. Auch das Herz schlägt langsamer und der Blutdruck sinkt, was Kreislaufprobleme verursachen kann, und man friert schnell.
Auf der Haben-Seite steht, dass Fasten dem Recycling und der Verjüngung der Zellen auf die Sprünge hilft. Es ist nachgewiesen, dass Kalorien-Restriktion Entzündungen hemmt und hohen Blutdruck senkt. Neueste Forschungen zeugen sogar von positiven Auswirkungen auf Krebsleiden.
„Die Altersforscher sind relativ zerstritten, aber sie sind sich in einem Punkt einig: Fasten oder Kalorienreduktion dient der Verlängerung der Lebensspanne“.
Prof. Frank Madeo, Autophagie-Experte an der Uni Graz
Allerdings muss man unterscheiden: Rigorose Nulldiäten und extrem lange Fastenkuren sind eher kontraproduktiv: Totaler Kalorienverzicht belastet den Körper ganz extrem. Kreislauf- und Herzrhythmusstörungen können auftreten. Man riskiert einen gefährlichen Abbau des Herzmuskels. Nierensteine können sich leichter bilden und mit erhöhten Harnsäurewerten nimmt das Risiko von Gichtanfällen zu. Auch Muskelkrämpfe und Unterzuckerung sind nicht selten.
Nicht jede Fasten-Methode verjüngt
Fakt ist: Werden dem Organismus über einen längeren Zeitraum keinerlei Nährstoffe zugeführt, kommt die Autophagie in Schwung und damit eine effektive Zellverjüngung. Experten sehen darin den Schlüssel zu einem Better Aging und einer besseren Gesundheit. Das Geheimnis dahinter ist ein konstant niedriger Insulinspiegel, der den Körper zwingt auf seine eigenen Reserven zurückzugreifen. Diskutiert wird noch über den Zeitraum, der nötig ist, bis dieser Effekt eintritt. In manchen Publikationen wird behauptet, dass die Autophagie bereits nach 14 bis 16 Stunden Fasten einsetzt. Eher unwahrscheinlich, meinen Mediziner. Als Top-Trigger für die Zellerneuerung gilt ein konstanter Insulin-Low von ca. 48 bis 72 Stunden, bis schließlich die Autophagie auf Touren kommt.
Will man seine Zellen verjüngen, reicht es deshalb nicht aus, eine Mahlzeit am Tag ausfallen zu lassen. Das beliebte Intervallfastens, auch intermittierendes Fasten genannt, ist daher in puncto Anti-Aging nicht die beste Wahl. Egal ob Sie 16:8 praktizieren oder alternierend fasten. Bei 16:8 verzichtet man 16 Stunden lang auf Nahrung, dann folgen acht Stunden, in denen man essen darf. Beim alternierenden Fasten (Alternate-Day-Fasting) wechselt man zwischen normalen Tagen und Fastentagen, an denen die Energiemenge um 25 Prozent reduziert wird. Damit abzunehmen oder das Gewicht zu halten, ist unumstritten. Dass der Non-Food-Zeitraum allerdings als Autophagie-Booster ausreicht, ist eher fraglich – allenfalls, wenn man 16:8 über einen längeren Zeitraum hinweg praktiziert und es wöchentlich in seinen Alltag integriert.
Wer auf Nummer sicher gehen will, entscheidet sich daher besser für eine Fasten-Methode, die über mehrere Tage erfolgt. Zu den Klassikern gehört das Buchinger-Heilfasten. Es geht auf den Fastenpionier Dr. Otto Buchinger zurück, der salopp von „Entschlackung“ gesprochen hat. Medizinisch gesehen sind das „falsch gefaltete Proteine“ oder „schadhafte Zellorganellen“. Um diesen Zellschrott von der körpereigenen Müllabfuhr, der Autophagie, zu entsorgen bzw. zu recyceln, setzt Buchinger auf vollständigen Verzicht von fester Nahrung. Er gibt nur Brühe, Tee, biologische Säfte und Wasser.
Stationär oder ambulant fasten
In den Buchinger-Kliniken wird die Kur über zwei bis vier Wochen stationär durchgeführt. Unter dem Titel „Fasten für Gesunde” wird inzwischen auch ein siebentägiges Programm für Zuhause angeboten. Länger sollte man es im Alleingang ohnehin nicht durchführen, da die erlaubten Getränke so gut wie kein Eiweiß enthalten. Übertreibt man es, kann das wie beschrieben zu Muskelschwund führen, vor allem wenn man nicht mit Sport gegensteuert. Dass Buchinger den Körper positiv verändert, ist wissenschaftlich untersucht. Eine Studie der Charité-Berlin von 2019 mit 1.422 Probanden belegt es als „sicheren und gut verträglichen Ansatz zur Prävention von alterungsbedingten Erkrankungen und Behandlung chronischer Stoffwechselstörungen einschließlich Gewichtsproblemen“.
Zu den neueren Fasten-Methoden, die sich ideal in den Alltag integrieren lassen, gehört das Prolon-Scheinfasten. Es basiert auf den Forschungen von Bio-Gerontologe und Zellbiologe Prof. Dr. Valter Longo. Er leitet das Longevity Institute an der University of Southern California. Scheinfasten heißt, dass der Körper denkt, er fastet, obwohl er weiterhin mit Nahrung vorwiegend aus Suppen und Eintöpfen versorgt wird. Das ausgeklügelte 5-tägige Ernährungsprogramm mit einer wissenschaftlich erforschten Zusammensetzung an Mikro- und Makronährstoffen versetzt den Körper damit trotz regelmäßiger Mahlzeiten in einen Fastenzustand.
Sind die Fasten-Effekte messbar?
Das hört sich ja alles ganz interessant an, werden Sie denken. Doch woher weiß ich, ob und was mir das Fasten gebracht hat? Das lässt sich sogar ziemlich genau belegen. Ihr biologisches Alter – das chronologische steht ohnehin in Ihrem Pass – kann mit einem aus der Longevity-Forschung entwickelten Lifestyle-Test bestimmt werden. „neotes bioAge Test“ ermittelt sozusagen das Alter Ihrer Körperzellen und das bequem von zu Hause. Dazu benötigt man nur etwas Blut aus der Fingerbeere, das auf eine Art Löschblatt gedrückt wird – mit einem kleinen Pieks schnell erledigt. Und ab damit im vorfrankierten Rückumschlag ins Labor.
Dort wird DNA extrahiert und damit eine detaillierte Analyse Ihres Epigenoms, eine Art Gedächtnis für die Gene, erstellt. Die Informationen werden über sogenannte Methylierungen gespeichert, die wie eine Art Textmarker auf der DNA fungieren und bestimmte Bereiche markieren, die „on“ oder „off“ geschaltet werden. Bei einem stummgeschalteten Gen findet keine Transkription statt, das bedeutet, dass der Bauplan für die Proteine dort nicht mehr abgelesen werden kann.
Der „neotes bioAge“-Test misst Ihr DNA-Methylierungsprofil an insgesamt 850.000 Stellen, die dann mit mehreren, genau studierten Kontrollgruppen verglichen werden. Damit lernen Sie Ihr biologisches Alter, Ihren Ernährungszustand und Ihre körperliche Fitness kennen. Wenn Sie sich vor und nach Ihrer Fastenkur testen, lässt sich mit sehr hoher Genauigkeit (+/- 1 Jahr) nachweisen, welchen Verjüngungs- bzw. Verbesserungseffekt Sie bei den verschiedenen Parametern erreicht haben.