Longevity Glossar

Glutamin

Was ist Glutamin?
Glutamin ist eine der 21 proteinogenen Aminosäuren, die der Körper nutzt, um Proteine aufzubauen. Sie besitzt ein chemisches Stereozentrum, daher gibt es L-Glutamin und D-Glutamin. Letzteres kommt aber nicht in Proteinen vor. Wenn wir von Glutamin sprechen, meinen wir daher L-Glutamin. L-Glutamin gilt als entbehrliche Aminosäure, da der menschliche Körper sie bei Bedarf selbst herstellt.

Glutamin stellt circa 20 % aller im Blut enthaltenen Aminosäuren und kommt damit besonders häufig vor. Es ist ein zentraler Metabolit im Stoffwechsel aller Lebewesen. Die Einnahme von Glutamin ist besonders populär bei Sportlern, denn sie soll den Muskelaufbau beschleunigen oder das Immunsystem stärken.
Wo kommt Glutamin natürlicherweise vor?
Entsprechend der Rolle von Glutamin für die meisten Lebewesen liegt es in vielen Nahrungsmitteln in relativ hohen Mengen vor. Soja, Käse, Erdnüsse, Dinkel oder Mungbohnen enthalten mehr als 4 g Glutamin je 100 g. Im menschlichen Körper ist Glutamin besonders in Muskelgewebe und Muskelzellen hoch konzentriert enthalten. Es kann direkt in den Muskelzellen synthetisiert werden.
Was ist die primäre Funktion von Glutamin im Körper?
Die Aminosäure Glutamin ist Baustein und Substrat für Proteine, Immunzellen, Zellen des Magen-Darm-Traktes und der Leberzellen. Zudem ist Glutamin ein universeller Donor von Amino-Gruppen im Stoffwechsel. Ketten aus mehreren Glutamin-Molekülen sind Bestandteil wichtiger Transkriptionsfaktoren, wie von FOXP2.

Bei Verletzungen, Verbrennungen, Operationen und anderen Situationen, die zu hohen Belastungen führen, verringert sich die Glutamin-Konzentration in den Muskelzellen um bis zu 50 %. Forscher konnten diesen Effekt unabhängig von der Ernährung beobachten. So entstand die Annahme, dass Glutamin eine bedingt entbehrliche Aminosäure sei, die bei Belastungen wie Krankheit, Verletzungen und fortgeschrittenem Alter unentbehrlich wird.

Eine der ersten Entdeckungen im Zusammenhang mit der Leistung von Muskelzellen war, dass Glutamin bei körperlicher Belastung das Zellvolumen von Muskelzellen durch Wassereinlagerungen vergrößert. Dies gilt als anaboles Signal, dass den Aufbau von Glykogen und Protein begünstigt. Auch für das Immunsystem ist Glutamin unentbehrlich. Verschiedene Immunzellen nutzen Glutamin als Nährstoff und verbrauchen sogar mehr Glutamin als den Zelltreibstoff Glukose.

Welche Vorteile hat die Ergänzung mit Glutamin?

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat bislang keine Gesundheitsaussagen für Glutamin als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen. Zu widersprüchlich waren die Daten aus klinischen Studien. Diese Einschätzung liegt allerdings einige Jahre zurück, seitdem wurde neue Forschung zur Wirkung der Supplementierung mit Glutamin durchgeführt.

Forscher testeten die Hypothese, dass Glutamin-Gaben bei erhöhten Entzündungswerten das Absenken der intrazellulären Glutamin-Konzentrationen verhindert und damit den Gesundheitszustand verbessert. In wenigen Studien brachte die Glutaminsupplementierung Vorteile für Patienten. Besonders Patienten mit schweren Entzündungen profitierten von einer geringeren Infektionsrate oder einem verkürzten Krankenhausaufenthalt. Eine auf 6 Monate ausgelegte klinische Studie mit 1200 schwerkranken Patienten stellte jedoch in Frage, dass die Glutamin-Gabe in jedem Krankheitsfall nützlich ist. Die Einnahme von Glutamin resultierte in einer signifikant erhöhten Sterblichkeit für die Patienten. Daher diskutieren Forscher darüber, ob es sich bei der Verringerung des Glutamin-Spiegels im Körper um einen Mangel oder eine Anpassung handelt.

Gegen die Einnahme von Glutamin spricht zudem, dass viele Krebsarten von Glutamin abhängig sind. Krebszellen nutzen meist deutlich mehr Glutamin als die eigenen Körperzellen. Nährmedien in Laborversuchen enthalten hohe Glutamin-Konzentrationen, um Tumorzellen zu züchten und untersuchen zu können.

In Bezug auf die Effekte beim Sport konnte die Glutaminsupplementierung in klinischen Studien die Ermüdung verringern, die Synthese von Glykogen und die Regeneration verbessern, die Ausschüttung von Cortisol nach dem Training verringern oder zu einer verringerten Ansammlung giftiger Stoffwechselprodukte, wie Ammoniak, beitragen. Doch gerade in Bezug auf Leistung und Muskelaufbau sind die Beobachtungen aus Studien widersprüchlich.

Einige Studien fanden positive Effekte der Supplementierung von Glutamin bei älteren Menschen, indem sie die Leistung der Beinmuskulatur und anderer Parameter bei der Bewegung steigern konnte. Insgesamt ist Glutamin ein interessantes Langlebigkeitsmolekül, da Forscher vermuten, dass die Versorgung der Zellen mit Glutamin im Alter nicht mehr ausreichen könnte.

Viele Studien nutzten gut verträgliche Dosierungen von 5 g bis 15 g Glutamin täglich. Dass es auch bei der Dosierung noch Forschungsbedarf gibt, zeigen weitere widersprüchliche Ergebnisse. Eine wissenschaftliche Übersicht kam zu dem Schluss, dass hohe Mengen Glutamin von 40 g täglich den Aminosäure-Stoffwechsel beeinträchtigen oder die eigene Glutamin-Synthese stören könnten. Dagegen empfehlen Mediziner an anderer Stelle die Gabe von 0,3-0,5 g Glutamin je Kilogramm Körpergewicht im klinischen Alltag – was bei 80 Kilogramm Körpergewicht einer Dosis von 40 g entspräche.

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